Album «Win What Yesterday Lost»

Unglaublich cool und doch vom ersten bis zum letzten Ton herzerwärmend. Was im ersten Moment nach einem unmöglichen Spagat klingt, gelingt Martina Linn auf ihrem dritten Album «Win What Yesterday Lost» mit spielerischer Leichtigkeit.

«In der Einfachheit sehe ich unheimlich viel Potenzial», sagte Martina Linn einmal über ihre Musik. Diesen Gedanken hat sie in den vier Jahren, die seit ihrem letzten Album «Pocket of Feelings» vergangen sind, verinnerlicht und weiterentwickelt. «Win What Yesterday Lost» heisst das Ergebnis und es ist das dritte Album der Engadiner Songwriterin. Sie geht darauf ihren Weg als eigenwillige Songwriterin konsequent weiter und beweist eine grosse Offenheit für Genres, die sie gekonnt vermengt. Mäandrierte sie auf ihren beiden ersten Alben noch zwischen Folk, Gospel und Country, steht jetzt süffiger, herzerwärmender Pop vermengt mit Americana und Rock im Fokus der 10 neuen Songs.

Martina Linn berichtet von erhoffter, erloschener und erträumter Liebe, von Träumen und Schäumen, von Illusionen und Ideen. Eingebettet sind diese Geschichten stets in Songs, die getragen sind von herzlicher Wärme – und sich doch unglaublich cool anfühlen. Keine Note ist zu viel, kein Ton ist überflüssig, keine Silbe umsonst gesungen. Martina Linn sagt selber über «Win What Yesterday Lost», dass es das mutigste ihrer drei Alben sei. Oder andersrum: Sie ist ein gutes Stück näher gekommen an ihren ureigenen Sound – geprägt von einer ausdrucksstarken Stimme, getragen von einem musikalischen Kleid, dass sich elegant und leicht um die Stimme schmiegt.

Die 1991 Geborene fand mit Eva Cassidy, Neil Young und Joni Mitchell bereits in frühen Jahren Vorbilder, denen sie bis heute treu bleibt. Begnügte sie sich zunächst mit dem Covern der Songs ihrer Heldinnen und Helden, wollte sie bald mehr und fing mit 16 an, eigene Lieder zu komponieren. Heute – eine EP und drei Alben später – kann sie nicht nur auf einen reichen Erfahrungsschatz als Songwriterin und Live-Performerin zurückgreifen. Sie hat auch viele langjährige Partnerschaften aufgebaut, darunter jene zum Produzenten Marco Jencarelli. «Marco Jencarelli mit seiner grossen Bühnen- und Produzentenerfahrung hilft mir, musikalische Entscheidungen während der Arbeit mit meiner Band zu treffen, und er ist derjenige, der uns schliesslich zum Klingen bringt», sagt Martina Linn.

Bei allem Vertrauten, das nötig ist, um Songs von derart wohliger Wärme und – trotz bisweilen schwerwiegenden Inhalts – unglaublicher Leichtigkeit zu kreieren, ist Martina Linn stets auch bereit, neue Wege zu beschreiten. So hat sie sich bei der Arbeit an «Win What Yesterday Lost» von der Idee einer fixen Band verabschiedet. Sie spielte stattdessen mit verschiedensten Musikern zusammen, um herauszufinden, welche Konstellationen ihre musikalischen Vorstellungen voranbringen, welches Gefühl und welches Können der Musiker für ihre Songs wichtig und notwendig sind. Statt von einer Band spricht sie heute sowieso lieber von einem Team: «Zu diesem Team gehören nicht nur die Musiker, sondern alle, die auf irgendeine Weise an meinem Projekt mitarbeiten.»

So resultiert am Ende ein Werk, das geprägt ist von einem Optimismus, der immer wieder von Neuem obsiegt – im Wissen darum, dass man heute oder morgen noch lange wiedergewinnen kann, was man gestern verloren hat.