Single «Barmaid»

Andere steigen aus. Saesch bricht aus – und steigt um. Raus aus der materiellen Business-Welt, die ihn die erste Hälfte seines Lebens (an)getrieben hat. Rein in die Musik, wo er sich das erste Mal reich fühlt. Reich an Leben, menschlichen Werten und Emotionen. So entstehen Geschichten und  Songs, so wie «Barmaid», die erste Single aus dem Album «umschtiege».

Saesch war noch keine 40, als er schon gleich viele Arbeitsstunden auf dem Konto hatte, wie sonst nur Menschen, die kurz vor ihrer Pension stehen. Sieben Tage die Woche für die eigene Firma unterwegs, engagiert in der lokalen Politik – ein Leben, das man heute gerne als «Leben auf der Überholspur» bezeichnet. Doch auch wenn dieses Leben grosse Anerkennung mit sich brachte, fühlte Saesch, dass da mehr sein muss; dass es andere Formen von Belohnung geben muss; solche, die einem Menschen nicht nur das Ego oder das Portemonnaie füllen, sondern auch das Herz. Diese Art von Lohn fand Sacha Nieth, wie der Mitvierziger mit bürgerlichem Namen heisst, zunächst auf Reisen – und entdeckte ihn schliesslich in der Musik wieder, mit welcher er Geschichten transportieren kann.

Eine dieser Geschichten ist jene der «Barmaid»: Sie erzählt von einer Frau, welche die «Schnapps-Rhetorik» kommentarlos erträgt, ihren Kunden wortlos zuhört und ihnen kokett Zuneigung vorspielt, um mehr Trinkgeld zu erhalten. Freudig und dennoch berechnend, holt sie aus ihrem Job das Beste raus. Aber abends, einsam daheim, sehnt sie sich nach jemandem, «wo sie nimmt, wie si isch». Dass sie so nach und nach das Vertrauen in die Menschen ganz grundsätzlich verliert, realisiert sie erst, als es zu spät ist…

Diese erste Single aus dem kommenden Saesch-Debutalbum «umschtiege» steht stellvertretend für die anderen Lieder. So mancher der zehn Songs erzählt eine Geschichte, die auf den ersten Blick einfacher scheint, als sie es tatsächlich ist. Saesch verdichtet gerne beim Schreiben. Er schürft tief und schreckt auch nicht vor Emotionen zurück, liebt eigene Wortkreationen und verformt zum Beispiel die «untröie Sauhünd» in «sautröii Hünd». «Doppelbödig» ist ein hartes Wort. Aber es lohnt sich, bei Saesch zweimal hinzuhören. Allzu oft ist da mehr zu erleben als einfache Geschichten, verpackt in einfache Lieder, gesungen in einer direkten Sprache. Meist sind es nämlich jene Geschichten, die gar nicht so einfach sind, die den Songwriter interessieren. Seine Kunst ist, so zwischen den Zeilen zu schreiben, dass der Zuhörer erst beim zweiten und dritten Mal hören der eigentlichen Tiefe auf die Schliche kommt.

Saesch nimmt seine «Musiker-Stifti», wie er seine aktuelle künstlerische Schaffensphase nennt, definitiv ernst. Fadengrade Songs, roh und mit viel live-Touch produziert, zeigen, dass Saesch genug hat von Schein und stattdessen das Sein feiern will. Er ist umgestiegen – und freut sich auf alle, die mit ihm kommen.