Single «Quante Vite Costa»

Pop und Politik – eine Beziehung, die nicht immer glücklich war. Fruchtbar wurde sie freilich stets dann, wenn jemand sich traute Klartext zu reden. So wie Michee jetzt in «Quante Vita Costa».

«Was muss noch passieren, wie viel braucht es noch, wann endlich kehrt Einsicht ein?» Solche Fragen stellt sich hier so Manche und so Mancher, der aufgewachsen ist mit den täglichen Nachrichten über Ausschreitungen, Gewaltakte und Krieg im Nahen Osten. Und wie so oft bleibt uns in unserem mitteleuropäischen Schloss der Glückseligkeit am Ende nur die Wahl zwischen zwei Wegen, mit diesen Nachrichten umzugehen: abstumpfen – oder handeln.

Michee, Cantautore mit grosser Stimme und grossem Herzen aus dem grossen Zürich, hat sich für letzteres entschieden – im Wissen darum, dass auch dieses Handeln letztlich nicht viel mehr als ein reiner Akt der Verzweiflung ist. «Wie viele Leben soll dieser unerbittliche Kampf noch fordern?!», schreit er in seiner Verzweiflung ins Mikro – es sind ersten zwei Zeilen des Refrains seines neuen Songs «Quante Vite Costa». Emotionsgeladen, kraftvoll – und so griffig, dass sich gerade der besagte Refrain sofort in den Hirnwindungen festsetzt, um zumindest bei all denen, die sich einst für «abstumpfen» entschieden haben, das schlechte Gewissen wieder mal aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken. Und genau das ist der mindeste politische Anspruch, den Popmusik haben kann, ja muss, wenn sie ihre Reichweite nicht nur zur Unterhaltung der Gesellschaft nutzen soll, sondern diese Gesellschaft auch zum nachdenken anregen soll. Und am Ende vielleicht sogar zum handeln.

Hat Michee mit seiner letzten Single «Tu Che Faci» noch auf augenzwinkernde Kritik gesetzt, spricht er in «Quante Vite Costa» Klartext. Allerdings gilt auch hier: Die Chancen, gehört zu werden, dürften indes dank Michees positive Grundhaltung wesentlich grösser sein, als wenn er mit dem Warnfinger wedeln würde.

Michee – Secondo, der in Zürich aufgewachsen ist – bekam die Liebe zur Musik schon in früher Kindheit von seinem Grossvater mit. Er war es, der dem Sechsjährigen eine Handharmonika schenkte und damit eine grosse Leidenschaft entfachte. Der obligate Flötenunterricht wurde bald mit Klavierunterricht ergänzt und schon in jungen Jahren spielte Michee in verschiedenen Bands mit, bevor er sich aufmachte, die Welt als Alleinunterhalter mit seinen Interpretationen grosser Künstler wie Lucio Battisti, Lucio Dalla, Pino Daniele, Eros Ramazotti, Zucchero, Vasco Rossi und vieler anderer zu begeistern.

Diese grossen Cantautori italiani waren es auch, die Michee dazu inspirierten, seine eigenen Ideen zu Papier zu bringen und selber Songs zu schreiben. Songs, die sich indes eine Weile gedulden mussten, bis Michee sie dann auch tatsächlich umsetzte und aufnahm. Es waren nämlich seine beiden Söhne Michele und Luca, beide Musiker, die ein Tonstudio eröffneten und den Papa motivierten, nun endlich das eigene Material zu veröffentlichen.

Und wie es im (Künstler)Leben so geht: Sind die Schleusen der Kreativität einmal geöffnet, gibt es kaum ein Halten mehr. «Quante Vite Costa» ist nicht etwa ein Track, den Michee seit Jahren mit sich herumträgt. Nein, es ist eine taufrische Nummer, die – aller inhaltlichen Schwere zum Trotz – Lust auf mehr von Michees wunderbaren Italopop macht.