Single „Sonntig i de Stadt“

Ed Blue & The Rootstocks sind nicht die ersten, die den trostlosen Sonntag in der Stadt in ein melancholisches Country-Kleid verpacken. Aber die ersten St. Galler, die das in Mundart tun.

Das mit dem Sonntag ist so eine Sache in einer durchschnittlichen Schweizer Stadt: Schritte verhallen ebenso im Leeren wie der Schlag der Kirchenglocken. Die Läden sind geschlossen, das Leben spielt sich anderswo ab, die Gassen gehören den Katzen. Aber ist diese tiefe Stille wirklich bedrohlich oder gar bedrückend? Kann sie nicht auch befreiend sein – vielleicht gerade, weil jene Menschen, die sich in die leere Stadt verirren, sich womöglich näher kommen, als all jene, die sie von Montag bis Samstag (über)bevölkern?

So oder so: Wenn Ed Blue & The Rootstocks sich dem Thema annehmen und eine so wunderbar melancholische Tonspur wie in ihrem neuen Song „Sonntig i de Stadt“ liefern, drängen sich sofort Bilder von verlassenen Städten im weiten Westen der USA vor das innere Auge. Nur, dass dort statt der Katzen Tumbelweed durch die Gassen rollt. Und irgendwo, wo noch sowas wie Vorgärten und Grün zu sehen sind, wartet man darauf, dass Johnny Cash um die Ecke biegt und Kris Kristoffersons ikonisches „Sunday Mornin’ Comin’ Down“ vor sich hin summt…

Mit „Sonntig i de Stadt“ schicken Ed Blue & The Rootstocks einen weiteren prächtigen Americana-Song aus ihrem Album „Worzelstögg“ an den Start. War eigentlich geplant, das Album in Nashville einzuspielen, hat die Corona-Pandemie dem Projekt einen Strich durch die Rechnung gemacht. Moderner Technik sei Dank, kam die Zusammenarbeit der Country-Musiker aus der Schweiz, Deutschland und den USA dann aber doch zu Stande – man spielte die Nummern daheim ein und fügte sie dann zentral zusammen.

Denn für Ed Blue & The Rootstocks beginnt der Wilde Westen bereits in St. Gallen. „Ich habe mit 16 Jahren als Liedermacher in Schweizerdeutsch eine Kassette veröffentlicht“, erinnert sich Ed an seine Anfänge. 2013 entstand mit Freunden ein rockiges Album in Hochdeutsch und 2018 eines in Englisch. Mit Ed Blue & The Rootstocks fand er zurück zu den Wurzeln – mit einer EP in Mundart als Resultat im Jahr 2019. „Das passt zu mir, ich kann in meiner eigenen Sprache am besten das sagen, was mir nahe liegt.“

Genau so, wie Mundart zu Ed passt, passt das musikalische Kleid, das er seinen Songs zusammen mit The Rootstocks verpasst. Irgendwo im Tummelfeld von Bluegrass, Cajun und Country bedient er sich, nistet sich ein irgendwo zwischen der Wüste von Tennessee und den Sümpfen von Louisiana – und erzählt seine Geschichten in breitestem St. Galler-Dialekt, als gebe es nichts Natürlicheres auf der Welt. Das Faszinierende: Das Paket klingt auch tatsächlich so, als gebe nichts Natürlicheres auf der Welt.